Praktika und der Blick nach außen

Was passiert da in der Welt? Wo liegen meine Interessen? Wo könnte ich meinen Platz finden?
Der Jugendliche wächst in solche bedeutsamen Fragen hinein und will sich selbstständig mit der Welt auseinandersetzen. In der Oberstufe ist es das Anliegen der Schule, die Schüler auf diesem Weg zu fördern und zu begleiten. Der Blick in die Welt zeigt sich hier in ganz unterschiedlichen Ausflügen, Exkursionen, Praktika, im Schüleraustausch und Projektarbeiten.

Außerschulische Praktika spielen hierbei eine ganz besondere Rolle und erweitern den Unterricht. Dabei geht es neben dem bloßen Einblick und dem Kennenlernen besonders um ein Erleben der jeweiligen Arbeitsaufgaben, aber auch um das Einfinden in die jeweilige Sozialstruktur des Hofes, der Firma oder der sozialen Einrichtung. Diese Herausforderungen liegen manchmal gar nicht auf fachlichem Feld, vielmehr geht es darum, soziale und persönliche Kompetenzen zu schulen.

Die Rudolf Steiner Schule Coburg bietet mit dem Handwerkerpraktikum und dem Landwirtschaftspraktikum in der 9. Klasse, dem Feldmessen in der 10. Klasse und dem Sozialpraktikum oder wahlweise dem Industriepraktikum in der 11. Klasse ein breites Spektrum an Praktika an.
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Handwerkerpraktikum – 9. Klasse

Während des Handwerkerpraktikums wohnt der Jugendliche in der Regel zu Hause und ist während der normalen Arbeitszeit in den Betrieben. Wichtig ist, dass Bereiche gefunden werden, wo der Jugendliche sich in die Arbeitsabläufe integrieren kann. Schnell wird klar: Den Alltag in einem Handwerksbetrieb muss man erlebt haben, da er sich heute meist deutlich von den Vorstellungen unterscheidet.
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Landwirtschaftspraktikum – 9. Klasse

Wenn die Jugendlichen sich allein oder oft auch zusammen mit einem Mitschüler für 3 Wochen in die Hofgemeinschaft eines landwirtschaftlichen Betriebes begeben und dort auch wohnen, ist das eine große Herausforderung. Sie müssen sich in neue Arbeitsabläufe und Zeitstrukturen integrieren, anstrengende körperliche Arbeit verrichten und sich dazu in fremden Familien zurechtfinden. Gerade dieser Bereich erfordert manchmal die intensive Unterstützung durch die Praktikumsbetreuer der Schule.
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Feldmesspraktikum – 10. Klasse

In der 10. Jahrgangsstufe wird bei den Schülern die kausale Urteilskraft ausgebildet. Stand bisher die phänomenologische Herangehensweise im Vordergrund, so nähert man sich nun den Dingen analytisch.

Im Lehrplan des Fachs Mathematik sind die Trigonometrie und die höheren Rechnungsarten angesiedelt. In der Physik ist das Thema der Epoche die Mechanik. Kräftewirkungen und Bewegungsabläufe sind berechenbar und vorhersehbar. Der junge Mensch erkennt: Die Mathematik passt auf die Welt.

Mit dem Feldmesspraktikum wird ein weiterer praktischer Lebensbezug hergestellt. Die Schüler erhalten Arbeitsaufträge, ziehen in kleinen Messtrupps den ganzen Tag durch das Gelände, nehmen Längen mit Messlatten auf, bestimmen Winkel mit Theodoliten, messen Höhendifferenzen mit Nivelliergeräten. Mit Hilfe der Trigonometrie werden weitere Größen berechnet. Kleine Messfehler oder Rechenfehler fallen sofort auf, wenn gemessene und berechnete Größen unstimmig sind. Der Schüler gerät in einen Prozess, der Motivation, Initiativkraft und Willenskraft des Entdeckenden und Lernenden erweckt. Man misst, bis am Ende eine Karte entsteht, die das Gelände genau abbildet.

Es hat sich bewährt, das Feldmesspraktikum mit einer Klassenfahrt zu verbinden. Als günstig hat es sich erwiesen, als Unterkunft ein abgelegenes Selbstversorgerheim zu wählen. Durch das enge Zusammenleben und das gemeinsame Arbeiten, Kochen und Essen werden der Zusammenhalt und die soziale Kompetenz gerade in dieser Altersstufe gefördert. Ein großer Vorteil besteht außerdem darin, dass man sich ganz auf seine Aufgaben konzentrieren kann, auch abends noch arbeiten kann, weniger Ablenkung durch den Alltag erfährt.
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Betriebspraktikum – 11. Klasse

(Wahlweise Sozialpraktikum oder Industrie- bzw. Dienstleistungspraktikum)

Zwei Wochen lang nehmen die Jugendlichen in einem oder auch zwei Betrieben an verschiedenen Arbeitsabläufen teil und lernen so einen Ausschnitt der Arbeitswelt kennen. Regeln des Berufslebens, Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit, Probleme des Arbeitsschutzes oder der sozialen Gerechtigkeit u.a. tragen dazu bei, den Horizont der Jugendlichen zu erweitern.

Die Jugendlichen entscheiden sich zwischen Betrieben mit sozialer Ausrichtung, Industriebetrieben oder größeren Dienstleistungsbetrieben.

Die Praktika werden durch die Klassenbetreuer und die entsprechenden Fachlehrer betreut sowie vor- und nachbereitet. Wie bei den anderen Praktika auch werden die Schüler angehalten das Erlebte auch zu reflektieren und in größere Zusammenhänge einzuordnen.

Nach dem Praktikum tauschen die Jugendlichen ihre Erfahrungen untereinander aus. Manch einer hat dabei seinen Berufswunsch gefestigt oder kann falsche Vorstellungen korrigieren. Immer wieder berichten besonders Jugendliche, die in sozialen Einrichtungen tätig waren, tief berührt von Begegnungen und Schicksalen; besondere Belastungen werden erkennbar, aber auch die Erfüllung, die mit einzelnen Tätigkeiten etwas bei der Betreuung von hilfs- und pflegebedürftigen Menschen verbunden sein kann, kommt zur Sprache.

Die Allermeisten freuen sich nach diesen zwei Wochen Praktikum mit den so anders gearteten Anforderungen des Berufslebens wieder in das vertraute schulische Leben eintauchen zu können, doch kehren sie sichtlich gewandelt zurück.

Impressionen zu den Praktika